„Sie haben aber lange nichts mehr geschrieben“, sagte neulich eine Dame am Telefon, die vor dem Gespräch mal schnell in diesen Blog reingeschaut habe. Stimmt. Einerseits. Nämlich wenn es genau um diesen Kontext geht. Stimmt nicht. Denn ein paar hundert Seiten sind in der Zwischenzeit entstanden: Allen voran mein neues Buch: Die größte Agentur der…„Neu.Start. (Und eine kurze Geschichte des Storytelling)“ weiterlesen
VW-Gate: Storys to come…
In der kurzen Zeit seit Teil I unserer Beschäftigung mit VW-Gate online ist, häufen sich die Indizien, dass wir mit der Skizze einer möglichen Realstory nicht ganz falsch liegen: Dass das Thema „Marke“ und der Einfluss der entsprechenden Entscheider und die Vorstellung, die man vom Kunden hatte, bei der Entwicklung der Dinge eine wesentliche Rolle spielten, wird nun auch schon mal thematisiert: So schreibt Tobias Piller auf FAZ.NET:
"Clash of storys II: Wird VW Geschichte schreiben?" weiterlesenBisher wurde den Käufern neuer Modelle bei den weiterentwickelten Motoren immer die Kombination von weniger Emission und Verbrauch zusammen mit mehr Leistung geboten. Dahinter steckt die Annahme, dass sich manche Kunden nicht von einem Neuwagen überzeugen ließen, wenn der gleichzeitig mit niedrigeren Abgaswerten schlechtere Leistung bietet.
Natürlich ist das eine Geschichte! Und was für eine. Jeder Skandal impliziert eine echte Geschichte, mit allem was dazugehört: Vor allem eine Aufsehen erregende Grenzüberschreitung, Schurken, Bösewichter, tumbe Toren (auch die, die staunend und raunend vor dem Offenbarwerden der skandalösen Ereignisse stehen) und Opfer.
Natürlich ist dies keine Story, die von den Markenmanagern von VW und ihren Agenturen konzipiert worden ist – sondern eine, an der diese teilhaben und in die sie nolens volens verstrickt sind. Willkommen in der wahren Geschichte. Einer Geschichte, die – gerade wenn man das Verhältnis von Markenstory, realer Geschichte, kulturellen Diskursen und vielen anderen Aspekten beleuchten will – überreichlich Stoff für Erkenntnisse liefert.
Grund genug, mal etwas weiter auszuholen (und wie immer ist niemand gezwungen, das alles am Stück zu lesen oder überhaupt durchzuhalten).
"Clash of Storys: Bei VW-Gate kollidieren Marketingstorys und reale Geschichte" weiterlesenDie Anklage reklamiert die „wahre Geschichte“ für sich Die Erzählung als „Ausrede“ im Sinne Breithaupts muss tatsächlich eine abweichende Realitätskonstruktion entwerfen: Die Story des Anklägers – der für sich das Monopol auf die „wahre“ Geschichte beansprucht – konfrontiert der Betroffene mit einer Gegengeschichte, die entweder die Welt grundsätzlich anders konstruiert (indem sie etwa Lücken in…„Erzählen im Paradies II: Gegengeschichte und Empathie“ weiterlesen
Wenn man sich ein wenig intensiver umschaut, stellt man fest, dass es seit geraumer Zeit eine immer intensivere Auseinandersetzung gerade von Kognitionsforschern und Sozialpsychologen mit dem Phänomen „Erzählen“ gibt. Ein interessantes Beispiel ist Fritz Breithaupt, Professor an der Indiana University, der einiges zum Thema „Empathie“ veröffentlicht hat und wohl auf diesem Wege auch (zwangsläufgig möchte…„Storytelling im Paradies“ weiterlesen
Der Germanist und Journalist Michael Esders hat mit „Ware Geschichte. Die poetische Simulation einer bewohnbaren Welt“ eine Essaysammlung vorgelegt, die den ganzen Hype um Geschichten in, von und für die Wirtschaft aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet – und er tritt dabei auch zur Verteidigung des Erzählens gegen seine Kommerzialisierung und Industrialisierung an. Dabei reicht die Bandbreite der Phänomen, die er unter die Lupe nimmt, vom Siegeszug des Heldenreise-Schemas über die Schilderung aktueller Viralmarketing- und Liquid Storytelling-Strategien, Scripted Reality im TV und narrative Selbstinszenierungen in den sozialen Medien bis hin zu den Versuchen, Storys mit Hilfe entsprechender Algorithmen massenhaft maschinell zu erzeugen.
"Kommerzielles Storytelling kommt an seine Grenzen: Erzählen bleibt ein Spiel mit dem Feuer" weiterlesenNeulich hat mich ein ehemaliger Seminarteilnehmer auf ein Video aufmerksam gemacht, das er intuitiv als Beispiel für gelungenes Storytelling empfand, und ich stimme nach mehrmaligem Anschauen ausdrücklich zu und spiegele den Film gern auf dem Storytelling- Blog. Dabei wird im dem Video auf den ersten Blick überhaupt keine Geschichte erzählt: Faktisch spricht jemand hier erst…„Last Mangachena: Storytelling als Erzählung des Angekommen-Seins“ weiterlesen
Neulich sah ich einen jungen Mann, der – unterwegs zu einem bayerischen Volksfest – ein rosa Tütü über seiner Pseudo-Trachten-Lederhose trug. Schwer zu erraten, was jemand mit einem solchen Aufzug auszusagen versucht; Aufmerksamkeit erregte er in dem Outfit allemal. Nicht schwieirg dagegen zu sagen, woher die Anregung für die Maskerade kam, hat doch die Telekom über ihre Werbung den „Mann im Tütü“ über die Grenzen der Netzgemeinde hinaus bekannt gemacht, indem sie ihn und m.E. seine Geschichte in den Mittelpunkt von Fernsehspots stellte. Motto: Das Internet ermöglicht tolle Geschichten und wir gehören – zusammen mit vielen anderen – zu denjenigen, die die Infrastruktur dafür bereitstellen, damit so etwas geschehen kann.
Nennen wir die Struktur hinter dieser Werbung mal das „Ermöglicherschema“: Man sucht sich eine interessante, ungewöhnliche Story aus dem wahren Leben und pappt dann eine Botschaft dran, die suggerieren soll: Sowas machen wir möglich (wie mittelbar auch immer).
"Tütü, Tata – Storytelling nach dem „Ermöglicherschema“" weiterlesenStorytelling im Werbespot, Erzählungen in filmischer Form, komprimiert auf eine knappe Minute oder zwei: Die Bandbreite ist weit und wird wohl in Zukunft noch erweitert werden. Das betrifft die Erzählweise, die Komprimierung, das Ausmaß an Intertextualität und nicht zuletzt die verzwickte Frage, wie das Produkt (oder das „sendende“ Unternehmen) in die Geschichte integriert wird. Derzeit gibt es unterschiedlichste Ansätze; der aktuelle Trend scheint aber zu sein, voll auf Emotion zu setzen. Was dabei auf der Strecke bleiben könnte, ist nicht nur der Respekt vor der Intelligent der Rezipienten und folglich den Kunden – wenn es den je gegeben haben sollte – sondern auch die Geschichten selbst.
"Gerührt – nicht geschüttelt: Wie Storytelling in Werbespots auf unsere Emotionen zielt" weiterlesenStorytelling ist ein durch und durch paradoxes Phänomen. Wie Jérôme Bruner (der sich so intensiv und kreativ wie kaum ein anderer Psychologe mit dem Phänomen des Erzählens im Alltag auseinandergesetzt hat) so treffend feststellt, ist Storytelling etwas, das wir alle ständig tun – während gleichzeitig die allerwenigsten eine Vorstellung davon haben, was sie da eigentlich tun, wie sie es tun und wie die Geschichten „funktionieren“, mit denen sie so selbstverständlich umgehen.
Diese Asymmetrie zwischen Anwendung und Hintergrundwissen hat über Jahrtausende eigentlich niemanden gestört (außer ein paar Philosophen und Philologen) und vor allem niemanden daran gehindert, zu erzählen, Erzählungen hingebungsvoll zu lauschen und Geschichten zu genießen.
Das änderte sich schrittweise mit der Professionalisierung des Erzählens (angefangen bei den Angestellten der religiösen Institutionen mit ihren Hermeneutiken, im Zuge der Erfindung des Schriftstellerberufs im späten 18. Jahrhundert mit den Poetiken und schließlich durch die Filmindustrie mit der Genese des script writers als Lernberuf) bis in unsere Tage, wo „Storytelling“ in einem bisher unbekannten Ausmaß marktfähig geworden ist und jeder, in dessen Jobprofil „communication skills“ auftauchen (könnten) in die Verlegenheit geraten kann, seine Befähigung zum „Storyteller“ verargumentieren zu müssen.
Mit dem Storytelling-Trend erschallt auch der Ruf nach „Tools“
Wie immer in solchen Situationen wuchs und wächst da schnell der Ruf der Neophyten nach knackigen „Tools“, um die neuen Anforderungen ohne allzu großen Aufwand bedienen zu können. Entsprechende Angebote ließen da naturgemäß nicht lange auf sich warten und rasch schälten sich einige Favoriten an „Erzähl-Anleitungen“ heraus, die wohl nicht ganz zufällig vor allem inspiriert sind durch die – zuweilen bis zur Unkenntlichkeit verkürzten – Einsichten von Drehbuch-Spezialisten aus dem Umfeld Hollywoods (und ich wiederhole mich da gerne: Vogler und McKee haben durchaus Interessantes und Nützliches zum Thema Storytelling zu sagen, sie beziehen sich aber teilweise sogar ausdrücklich auf bestimmte mediale Formen und Muster und eben nicht auf die Möglichkeiten des Erzählens insgesamt).
"Wider das Strickmuster-Storytelling!" weiterlesen