In den U.S.A, wo die Storytelling-Diskussion schon etwas länger, schärfer und heftiger tobt als hierzulande, schien es eine zeitlang so, als hätten die Konservativen die Nase vorn. Marty Kaplan attestierte den Demokraten vor drei Jahren, sie seien im Vergleich zu den Republikanern „lausige Storyteller“. Das war damals schon nicht ganz richtig, ist es heute aber noch weniger. Nicht nur Präsident Obama spickt seine Reden mit kleidsamen Anekdoten, die seine Argumente unterstützen, beglaubigen sollen. (Ein fulminantes Beispiel bringt der RhetorikBlog von Hans Hütt, der die Story im Original mitliefert und brillant kommentiert: Und in diesem Fall lohnt es sich auch, die entsprechende Kommentatorendebatte mitzuverfolgen. Unbedingt lesen: A Big Fucking Deal.) In den Stäben der demokratischen u.s.-Regierung wimmelt es heutzutage von Angestellten, die nach passenden Stories fahnden, die sich als Futter für das eignen, was man drüben als „reframing“ bezeichnet.
Allerdings gibt es offenbar unterschiedliche strategische Zugänge von Republikanern und Demokraten zum „Storytelling“ als Mittel der – nehmen wir doch den schönen, bösen Begriff – Propaganda. Sind die Rechten eher Fans der Big Story, die sich aufgrund ihrer ideologischen Petrifiziertheit nicht anders äußern kann als im Restaurationsplot, nutzen die Demokraten offenkundig das Anekdotische, die „kleine Erzählung“, das Erlebnis des einfachen und dann doch wieder herausragenden Individuums als Illustration, Beleg, Induktionsspule im Zusammenhang größerer (und komplexerer) Argumentationen.
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