In den U.S.A, wo die Storytelling-Diskussion schon etwas länger, schärfer und heftiger tobt als hierzulande, schien es eine zeitlang so, als hätten die Konservativen die Nase vorn. Marty Kaplan attestierte den Demokraten vor drei Jahren, sie seien im Vergleich zu den Republikanern „lausige Storyteller“. Das war damals schon nicht ganz richtig, ist es heute aber noch weniger. Nicht nur Präsident Obama spickt seine Reden mit kleidsamen Anekdoten, die seine Argumente unterstützen, beglaubigen sollen. (Ein fulminantes Beispiel bringt der RhetorikBlog von Hans Hütt, der die Story im Original mitliefert und brillant kommentiert: Und in diesem Fall lohnt es sich auch, die entsprechende Kommentatorendebatte mitzuverfolgen. Unbedingt lesen: A Big Fucking Deal.) In den Stäben der demokratischen u.s.-Regierung wimmelt es heutzutage von Angestellten, die nach passenden Stories fahnden, die sich als Futter für das eignen, was man drüben als „reframing“ bezeichnet.

Allerdings gibt es offenbar unterschiedliche strategische Zugänge von Republikanern und Demokraten zum „Storytelling“ als Mittel der – nehmen wir doch den schönen, bösen Begriff – Propaganda. Sind die Rechten eher Fans der Big Story, die sich aufgrund ihrer ideologischen Petrifiziertheit nicht anders äußern kann als im Restaurationsplot, nutzen die Demokraten offenkundig das Anekdotische, die „kleine Erzählung“, das Erlebnis des einfachen und dann doch wieder herausragenden Individuums als Illustration, Beleg, Induktionsspule im Zusammenhang größerer (und komplexerer) Argumentationen.

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Anfang 2010 schrieb Marty Kaplan einen Artikel, in dem er die These aufstellte, die Demokraten in den USA seien lausige Storyteller, während die Republikaner von Reagan bis Bush sich auf dieses Instrument der (politischen) Kommunikation weitaus besser verstünden und es erfolgreich angewandt hätten.

Die big story, die die Republikaner immer und immer wieder erzählen, geht nach Kaplan im Prinzip so: Früher gab es einen freien Markt. Der Staat ließ die Wirtschaft machen und Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen. Die alten Werte hatten noch Gültigkeit  und die USA beherrschten die Welt. Dann kamen Demokraten an die Regieung, knechteten die Wirtschaft mit staatlichen Vorgaben, zerstörten die amerikanische Lebensart mit Immoralität, fingen an für die Gegner Amerikas zu schwärmen und die eigene Nation schlecht zu reden…

Die Republikaner nutzen den Masterplot der Restauration

Aus meiner Sicht ist das allerdings nur der erste Teil der Story: Der zweite Teil folgt logisch aus dem geschilderten Phasenmodell: Jetzt wird einer kommen, der aufräumt und die Grundordnung wiederherstellt.

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